"Die Verteilung von Beweislasten"

„Die Verteilung von Beweislasten“

Eine Funktion von „formalen Organisationsstrukturen“ (siehe weiterer Glossareintrag von mir) besteht in der „Verteilung von Beweislasten“, die Kühl (2011, S. 100f.) wie folgt erörtert: Verhält man sich als Mitglied einer Organisation gemäß den vorgeschriebenen formalen Organisationsstrukturen, wird man für sein Handeln nie unter Rechtfertigungsdruck geraten; es genügt in diesem Fall, schlicht auf „programmkonformes Verhalten“ (Kühl, 2011, S. 101) zu verweisen. Natürlich könnten sich Mitglieder trotz alledem in manchen Fällen auch gegen die vorgegebenen Leitlinien einer Organisation entscheiden, was allerdings zur Folge hätte, dass sie selbst die Beweislast trügen und sich dementsprechend rechtfertigen müssten.

 

Eigenes Beispiel dazu (mit Gemeinwohlbezug):

Der russische Oberstleutnant Stanislaw Petrow hat wohl gerade wegen seines Handelns gegen die formalen Organisationsstrukturen der UdSSR vermutlich einen Atomkrieg verhindert. Als er am 26. September 1983 auf einem Computer fünft vermeintlich amerikanische Raketen auf Russland zusteuern sah (die sich später als Produkte der Reflexion des Sonnenlichts herausstellen sollten), hätte er die Anweisung gehabt, der Führung schnellstens Meldung zu erteilen, um im Folgenden Befehl für einen Gegenangriff zu erhalten. Zum Glück folgte er ebendiesem Befehl nicht, wie wir heute wissen, und stellte das allgemeine Wohl der Menschheit über die unangenehmen Konsequenzen, die seine Befehlsmissachtung für ihn zur Folge haben hätte können.

 

Autorin: Katrin Haselberger

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