Resümee

Philipp Gartlehner stellte im zirka zweistündigen Webinar zum Thema „Citizen Science Tools“ die Arbeit des Ars Electronica Centers Linz vor. Er selbst ist Themenverantwortlicher der Ausstellung Global Shift, arbeitet im Bereich der Erdbeobachtung und organisiert Schulführungen. Ein Ziel seiner Forschung ist, lokale Phänomene und Umweltprobleme aufzuspüren und zu untersuchen. Dafür werden Falschfarbenbilder, die von Satelliten über spezielle Sensoren erzeugt werden, verwendet. Beim Vergleich dieser Bilder über einen gewissen Zeitraum können Veränderungen wahrgenommen werden.

Auf diesem System basiert unter anderem der Workshop „climate detectives“, der vom AEC für Schüler:innen im Alter von 8 bis 15 Jahren angeboten wird. Dabei können sich die Schüler:innen als junge Detektive beweisen, indem sie sich selbst ein Forschungsziel setzen, eine offene Forschungsfrage stellen, selbst recherchieren und mit Daten ein großes Wissen generieren. Ein Projekt aus dem letzten Jahr von Schüler:innen aus Südamerika wurde anhand ihres selbst produzierten Videos vorgestellt. Dabei haben die Schüler:innen die Entwicklung des Waldes untersucht. Sie haben ihr Projekt ebenfalls auf Falschfarbenbilder und Interviews mit Expert:innen gestützt.

Die Arbeit mit Jugendlichen ist ein Schwerpunkt des AEC’s zum Thema „Citizen Science“. Wörtlich übersetzt bedeutet „Citizen Science“ Bürgerwissenschaft. Es geht darum, Wissen nach außen zu kommunizieren, in eine Community, in die Politik oder um ein aktionistisches Projekt durchzuführen und vor allem um auf Missstände und Probleme auf unserem Planeten aufmerksam zu machen. Dabei stellt das AEC in ihrer Forschung den Menschen in den Mittelpunkt. Besucher sollen erkennen, dass sie selbstbemächtigt sind und durch ihr Handeln etwas verändern können. Dafür gibt es im AEC auch die hauseigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung „Hands for the future“ unter dem Motto „Heben wir die Hand“.

Innerhalb der Forschung im AEC gibt es eine Vielzahl an Laboren, die unter unterschiedlichen Schwerpunkten, hoch technologisierte und fortschrittliche Experimente durchführen. Im weiteren Schritt können dadurch Daten gesammelt und in Diagrammen visualisiert werden. Die hohe Menge an Daten ist vor allem der Arbeit der citizen’s zuzuschreiben. Forschende Bürger:innen liefern ihre Beobachtungen und Messdaten an die lab’s im AEC und dadurch kann ein „big picture“ entstehen. Der öffentliche Zugang zu Satellitendaten bringt aber auch eine Kehrseite mit sich. Daten über Luft- und Wasserströmungen sind Grundlage für kriminelle Handlungen im Umweltbereich, denn so können giftige Substanzen zum richtigen Zeitpunkt in feindliches Gebiet weitergetragen werden. Das Projekt „Forensic Architecture“ versucht kriegerische Handlungen und Menschenrechtsverletzungen dieser Art aufzudecken. Solche und ähnliche Projekte setzen Verantwortliche unter Druck und können so Veränderungen herbeiführen.

Außerdem werden Satellitenbilder auch für Aufklärungsarbeiten herangezogen. Beispielsweise wurde die Ölkatastrophe vor der kalifornischen Küste aufgedeckt. Ein Anker eines Schiffes hat die Pipeline beschädigt. Zwei Schiffe kommen laut „Ship Map“, die ebenfalls öffentlich zugänglich ist, in Frage. Durch diese Erkenntnisse können weitere Schritte eingeleitet werden, wie beispielsweise ein Fahrverbot von Schiffen im Bereich der Pipelines oder das Tiefersetzen neuer bzw. bestehender Ölleitungen.

Die Kernaussage dieser Beispiele ist, dass Bürger:innen tätig werden sollen, anstatt sich blind auf die Politik zu verlassen. Die Öffentlichkeit kann durch ihren Aktionismus den Druck an zuständige Institutionen erhöhen.

Fazit

In der oben angeführten Kernaussage sehe ich einen engen Zusammenhang zur fachwissenschaftlichen Veranstaltung von Herrn Vogler zum Thema „Gesellschaft und Digitalität“. Wir befinden uns in einem neuen technologischen Zeitalter und vor allem in der nächsten Stufe, in der es darum geht, dass Menschen nicht nur die Möglichkeit haben Informationen aus dem Web abzurufen, sondern vielmehr ihre Informationen im Web zu verbreiten, wodurch jede und jeder von uns eine Vielzahl an Menschen erreichen kann.

Das gibt neben den vielen negativen Schlagzeilen dieser Zeit und dem damit verbundenen Vertrauensverlust in die Politik die Hoffnung und Zuversicht, dass Missstände nicht hingenommen werden müssen, sondern jede und jeder mit seinem Aktionismus mithelfen kann, Veränderungen einzuleiten. Genau hier sehe ich die Anknüpfungspunkte für den Unterricht, denn diese Erkenntnis gilt es, den Schüler:innen weiterzugeben und sie zu kritisch denkenden und verantwortungsvoll handelnden Menschen zu erziehen.

Wir als Lehrkräfte haben das Privileg unseren Schüler:innen Werkzeuge mit auf den Weg zu geben. „Citizen Science Tools“ sind welche davon. Dafür lohnt sich ein Lehrausgang in das Ars Electronica Center inklusive einer Führung von Philipp Gartlehner, sowie die Teilnahme bei den „climate detectives“. Die Lehrkräfte sollten solche Angebote stets im Blick haben und anhand des Lehrplans reflektieren, ob und in welcher Schulstufe sich eine Teilnahme an diesen und ähnlichen Projekten lohnt.

Abgesehen vom AEC ist die „Welt-Zustands-Maschine“ von ARCGIS, wie wir sie in der fachwissenschaftlichen Veranstaltung von Herrn Strobl kennengelernt haben, eine gute Möglichkeit Schüler:innen zu forschenden Tätigkeiten im Bereich der Umwelt hinzuleiten. Eine Teamarbeit mit abschließender Präsentation zu einem Thema der Plattform könnte durchaus ein interessanter Arbeitsauftrag für mehrere Unterrichtseinheiten sein. Vor allem kann dabei das Paradigma des GW-Unterrichts „Der Mensch im Mittelpunkt“ mit Verbindungen der jeweiligen Probleme mit den dort lebenden Menschen gut umgesetzt werden.

Zuletzt geändert: Samstag, 19. Februar 2022, 14:46