Inhalt
Die Verwendung des Gemeinwohlbegriffs ist schillernd. Der Politik dient der Bezug auf das Gemeinwohl für gewöhnlich als ultimative Rechtfertigung für ihr Handeln: Nur wenn das staatliche Gewaltmonopol und staatliche Machtausübungen das Gemeinwohl mehren und nicht oder nicht allein Partikularinteressen dienen, so die generalisierte Erwartung, können politische Handlungen auf Legitimität hoffen. Diese Prominenz der Gemeinwohlkategorie im politischen Feld darf aber nicht vergessen lassen, dass auch die sogenannte Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, die Wissenschaft, die Kunst, die Religion und viele andere mehr ihren Teil zur Sicherung und Mehrung des Gemeinwohls beitragen. Darüber hinaus ist auch zu bedenken, dass substanzialistische Vorstellungen vom Gemeinwohl im 20. Jahrhundert durch prozedurale Bestimmungen des Gemeinwohls abgelöst wurden. Zumindest gibt es abseits von ein paar Grundwerten keinen Konsens darüber was das Gemeinwohl genau beinhaltet oder wessen Wohl das Gemeinwohl ist. Daher wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts über die Ausgestaltung des Gemeinwohls hart gestritten.
Im Seminar sollen nach einer grundbegrifflichen Einführung und einer Historisierung von zentralen Gemeinwohlvorstellungen zentrale Streitarenen beleuchtet werden: Welchen Beitrag leistet die Zivilgesellschaft zum Gemeinwohl? Wie kann das Gemeinwohl planetarisch organisiert werden? Welche Rechte haben Tiere und welche Rechte haben Bäume und Landschaften? Wie kann sich die Schule für das Gemeinwohl einsetzen? Welche Rolle haben populistische Bewegungen beim Streit ums Gemeinwohl? Wie kann die Gemeinwohlkategorie inhaltlich gestaltet werden (z.B. Bürger:innenräte, Partizipation, Expertokratien etc.)?
Ziele
Die Student:innen…
- nennen und beschreiben Theorien zum Thema Gemeinwohl
- kennen die historische Entwicklung von zentralen Gemeinwohlvorstellungen
- nennen aktuelle Auseinandersetzungen ums Gemeinwohl
- analysieren Streit- und Diskussionsdynamiken bei Auseinandersetzungen um das Gemeinwohl
- beschreiben ausgewählte Auseinandersetzungen ums Gemeinwohl im Detail und mit einer großen analytischen Zugriffssicherheit
- entwickeln und begründen Haltungen zu Auseinandersetzungen ums Gemeinwohl
- benennen die Bedeutung von Bildung und Schule hinsichtlich des Gemeinwohls
Anforderungen, Workload & Prüfung
- Die Student:innen bereiten sich durch umfangreiche Lektüre individuell auf die Sitzungen vor, referieren kenntnisreich und bündig zu ausgewählten Themen, gestalten die kollegial-konstruktiven Diskussionen aktiv mit und entwickeln in dialogischen Arbeits- und Lerngruppen neue Perspektiven auf die Texte und die Welt.
- Zu jeder Sitzung sind zwei Thesen zu formulieren, die als Grundlage für die Prüfung gelten und bei der Prüfung zu verteidigen sind.
- Abschließende mündliche Prüfung zum gesamten Seminar (20 Minuten)
- 24 Stunden vor der Prüfung sind die Thesen in einem klar strukturierten Dokument abzugeben
- Die Prüfungen finden am Mittwoch, den 18. Dezember 2024 und am Mittwoch, den 22. Jänner 2025 via Zoom statt
- Workload: 6 ECTS = 150 h = 22,5 h Präsenz + 5 h Nachbereitung/Thesen formulieren + 50 h Prüfungsvorbereitung + 9 * (8 h Vorbereitung mit Lektüre)